Einkommensteuer: Grundlagen

Einkommensteuer: Grundlagen
Einkommensteuer: Grundlagen
 
Die Einkommensteuer ist in Deutschland die bedeutendste Einnahmequelle der öffentlichen Haushalte. 1997 betrug das Aufkommen der Einkommensteuer rund 266 Mrd. DM, einschließlich ihrer besonderen Erhebungsarten Lohnsteuer und Zinsabschlag. Dies entspricht einem Drittel der gesamten Steuereinnahmen. Die Einkommensteuer ist eine Gemeinschaftsteuer, deren Aufkommen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt wird. Wegen ihrer besonderen Bedeutung steht sie immer wieder im Mittelpunkt von Steuerreformen.
 
 Einkunftsarten
 
Gegenstand der Einkommensteuer ist das Einkommen der natürlichen Personen. Dabei unterliegen sieben Einkunftsarten der Steuerpflicht. Dadurch soll die Einkommenssituation des Steuerpflichtigen umfassend berücksichtigt werden. Die Einkünfte stellen Nettogrößen dar, die sich jeweils durch Abzug der Aufwendungen für die Einkunftserzielung (Werbungskosten, Betriebsausgaben) errechnen. Die Summe der positiven und negativen Einkünfte aus den verschiedenen Quellen (Gesamtbetrag der Einkünfte) ist die Ausgangsbasis für die Berechnung der Steuerschuld. Um die individuelle Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, werden viele persönliche Merkmale des Steuerpflichtigen in die Berechnung einbezogen. So werden u. a. eine Reihe von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen abgezogen, um das zu versteuernde Einkommen zu ermitteln. Zu den Sonderausgaben zählen Steuerberatungskosten, gezahlte Kirchensteuer, Vorsorgeaufwendungen, Spenden. Außergewöhnliche Belastungen sind Ausgaben der privaten Lebensführung, die ausnahmsweise abzugsfähig sind, sofern sie die zumutbare Belastung übersteigen.
 
 Der Steuertarif
 
Das zu versteuernde Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer. Die Steuerschuld wird dabei durch den Einkommensteuertarif festgelegt. Durch diesen Tarif wird jeder Höhe des zu versteuernden Einkommens ein Steuerbetrag zugeordnet. Der Steuertarif ist damit das Kernstück des Einkommensteuergesetzes. Folgende Merkmale kennzeichnen 1999 den deutschen Steuertarif: Zunächst bleibt ein Grundfreibetrag steuerfrei (steuerliches Existenzminimum). Diese Nullzone geht bis 13067 DM für Ledige bzw. 26135 DM für Verheiratete. Über dem Grundfreibetrag wird das Einkommen zunächst progressiv besteuert. Das bedeutet: Das zu versteuernde Einkommen wird mit steigenden Grenzsteuersätzen belastet (Progressionszone).
 
Im Tarif 1999 liegt der Eingangssteuersatz bei 23,9 % und steigt an bis zum Spitzensteuersatz von 53 % bei einem zu versteuernden Einkommen von 120041 DM für Ledige (240083 DM für Verheiratete). Die zu versteuernden Einkommen darüber hinaus werden mit dem Spitzensteuersatz besteuert (Linearzone).
 
Zur tariflichen Einkommensteuer treten die Belastungen durch den Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer. Beide Steuern werden in einem festen Verhältnis zur Einkommensteuer berechnet (Solidaritätszuschlag 5,5 % und Kirchensteuer je nach Bundesland zwischen 8 % und 9 % der festgesetzten Einkommensteuer).
 
 Ökonomische Beurteilung und Probleme
 
Die deutsche Einkommensteuer ist mit vielen Problemen behaftet. Auf der einen Seite ist ihre Erhebung unabdingbar, um die vielfältigen öffentlichen Aufgaben zu finanzieren und um eine Korrektur der Einkommensverteilung zu erreichen. Auf der anderen Seite führt aber die Höhe der heutigen Steuerbelastung zu massiven Verzerrungen ökonomischer Entscheidungen mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten. Die Entscheidung der Haushalte, Freizeit zu opfern, um durch Arbeitsleistung zusätzliches Einkommen zu erzielen, wird durch Grenzsteuerbelastungen von bis über 50 % negativ beeinflusst. Diese Belastung ist eine Ursache für die Schattenwirtschaft.
 
Ein Motor der steigenden Steuerlast ist dabei das Phänomen der kalten Progression: Die reale Steuerlast steigt durch Inflation automatisch an. Dieses Merkmal des deutschen Steuersystems ist dadurch bedingt, dass die Grundfreibeträge und der Verlauf der Steuerprogression nicht ständig um die Inflationsrate nach oben korrigiert werden. Bei Inflation rutschen daher Steuerpflichtige in höhere Progressionsstufen, auch wenn sie in preisbereinigter Betrachtung ein unverändertes Einkommen haben. Die von Fall zu Fall vorgenommenen Korrekturen wie etwa Erhöhung des Grundfreibetrags sind daher keine echte Steuersenkung, sondern lediglich der oft nur teilweise Ausgleich für die Steuererhöhung durch die kalte Progression. Ein weiteres Problem des deutschen Steuerrechts ist seine Komplexität und die daraus resultierende mangelnde Transparenz. Neben der unübersichtlichen Berechnung des zu versteuernden Einkommens gibt es eine Vielzahl von Freibeträgen und Freistellungen. Diese Sonderregelungen wurden regelmäßig ohne Berücksichtigung der Folgen für das Steuersystem insgesamt eingeführt. Dadurch ist es zur Erosion der Steuerbasis (Steuererosion) gekommen, welche den Zwang zu hohen Steuersätzen verschärft hat.

Universal-Lexikon. 2012.

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